Jeder kann durch ein Testament oder einen Erbvertrag bestimmen, wer sein Erbe sein soll. Verstirbt ein Mensch, ohne ein Testament oder einen Erbvertrag aufgesetzt zu haben, bestimmt das Gesetz die Erbfolge. Dabei werden in erster Linie Kinder und Ehegatten / eingetragene Lebenspartner, möglicherweise aber auch weit entfernte Verwandte berücksichtigt.
1. Das Verwandtenerbrecht
Gesetzliche Erben sind die Verwandten des Verstorbenen (Erblassers). Neben den Verwandten ist der Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner erbberechtigt.
Unter den Verwandten besteht eine gesetzlich festgelegte Reihenfolge, nach der die Verwandten zu Erben berufen werden. Die Verwandten sind in verschiedene Ordnungen aufgeteilt. Ein Verwandter wird so lange nicht gesetzlicher Erbe, solange ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung vorhanden ist, das regelt § 1930 BGB. Das bedeutet, dass so lange auch nur ein Verwandter der ersten Ordnung lebt, wird allein er (ggf. mit dem Ehepartner/eingetragenen Lebenspartner) Erbe.
Erben der ersten Ordnung sind
nur die Abkömmlinge des Erblassers, also seine Kinder, Enkel und Urenkel.
Kinder, Enkel und Urenkel werden vorrangig vor den Eltern oder Geschwistern des Erblassers Erben. Aber auch innerhalb der ersten Ordnung gibt es noch einmal eine gesetzliche Rangfolge: Lebt zur Zeit des Erbfalls ein Abkömmling, schließt er die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge von der Erbfolge aus.
Beispiel 1. Ordnung
Der Erblassers ist verwitwet. Er hat einen Sohn, drei Enkel und einen Urenkel. In diesem Fall wird allein der Sohn Erbe. Die drei Enkel und Urenkel erben nichts. Auch die Eltern und Geschwister erben nichts.
Erben der zweite Ordnung.
Erben der zweiten Ordnung sind die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, also seine Geschwister, Nichten und Neffen. Die Erben der zweiten Ordnung erben aber nur, wenn der Erblasser selber keine Kinder, Enkel oder Urenkel hat oder diese vor ihm verstorben sind.
Beispiel 2. Ordnung:
Der Erblasser ist unverheiratet. Zum Zeitpunkt des Todes leben dessen Mutter und seine beiden Kinder. Erbfolge: Die Kinder erben jeweils die Hälfte. Die Mutter erbt nicht.
Der Erblasser ist unverheiratet und kinderlos. Er lebt in nichtehelicher Lebensgemeinschaft mit seiner Partnerin zusammen. Zum Zeitpunkt seines Todes leben seine Mutter und sein Vater. Erbfolge: Der Mutter und der Vater erben jeweils zu 1/2. Die Partnerin erbt nichts.
Auch innerhalb der zweiten Ordnung gibt es wieder eine Rangfolge. Diese regelt, dass Eltern ihre Kinder verdrängen. Erst wenn ein Elternteil verstorben ist, kommen die Kinder zum Zug. Allerdings erben sie nur den Anteil, der ihrem 'Stamm' zusteht. Das klingt schwierig, ist es aber nicht.
Beispiel 2. Ordnung
Der unverheiratete Erblasser hat einen Bruder (B) hinterlassen. Dieser hat zwei Töchter (Nichten 1 und 2). Die Schwester (S) des Erblassers ist vor ihm verstorben. Sie hinterließ ihren Ehemann (Schwager) und zwei Söhne (Neffen).
Erbfolge: Der Bruder ist gesetzlicher Erbe zu ein Halb, seine Töchter (die Nichten) erben nicht. Die andere Hälfte des Erbes hätte die Schwester bekommen. Da sie vor dem Erblasser gestorben ist, erben an ihrer Stelle ihre beide Söhne (die Neffen 1 und 2) diese Hälfte des Nachlasses. Jeder Neffe bekommt von der Hälfte die Hälfte also ein Viertel. Der Mann der Schwester (der Schwager) erbt nicht.
Ergebins: Erben sind B zu 1/2
Neffe 1 zu 1/4
Neffe 2 zu 1/4
Fernere Ordnungen
Hat der Erblasser keine Kinder, keine Eltern und auch keine Geschwister, bzw. Neffen oder Nichten, kommen die Erben der sogenannten ferneren Ordnungen zum Zuge.
Gesetzliche Erben der dritten Ordnung sind die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (§ 1926 Abs. 1 BGB). Gesetzliche Erben der vierten Ordnung sind die Urgroßeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (§ 1928 Abs. 1 BGB). Gesetzliche Erben der fünften Ordnung und der ferneren Ordnungen sind die entfernteren Voreltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (§ 1929 Abs. 1 BGB
Beispiel zu den Erben fernerer Ordnungen
Bei einem Verkehrsunfall versterben noch am Unfallort die Eltern und der einzige Bruder des unverheirateten und kinderlosen Erblassers, der wenig später im Krankenhaus verstirbt. Erbfolge: Gesetzliche Erben sind die Großeltern des Erblassers, bzw. für den Fall, dass diese bereits verstorben sind, die Abkömmlinge der Großeltern.
2. Ehegattenerbrecht
Neben den Verwandten des Erblassers erbt auch dessen Ehegatte bzw. eingetragener Lebenspartner. Lebt man dagegen mit seinem Partner/seiner Partnerin in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, so beerben sich die Lebenspartner nicht. Gerade bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften ist es daher wichtig, die Vermögensnachfolge in einem Testament bzw. Erbvertrag zu regeln.
Der Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner ist in den allermeisten Fällen nicht allein gesetzlicher Erbe des Verstorbenen. Neben dem Ehegatten oder Lebenspartner sind meist auch die Verwandten des Erblassers gesetzliche Erben. Wie hoch der Erbanteil des Ehe- oder eingetragenen Lebenspartners ist, hängt davon ab, welche Verwandten neben ihm als Erben in Frage kommen.
Der überlebende Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner erbt neben Verwandten
der ersten Ordnung (Kinder, Enkel, Urenkel) grundsätzlich ein 1/4
und
der zweiten Ordnung (Eltern, Geschwister, Neffen und Nichten) sowie neben Großeltern grundsätzlich 1/2.
Beispiel 1
Der Erblasser hat eine Ehefrau und 4 Kinder.
Erbfolge: Der gesetzliche Erbteil der Ehefrau beträgt 1/4. Der Erbteil erhöht sich auf 1/2, wenn die Eheleute im gestzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben.
Beispiel 2
Der Erblasser hat eine Ehefrau, sein Vater lebt noch. Der Erblasser hat keine Kinder.
Erbfolge: Der gesetzliche Erbteil der Ehefrau ist grundsätzlich ein Halb.
Sind weder Verwandte der ersten Ordnung, der zweiten Ordnung noch Großeltern vorhanden, so erhält der Ehegatte/Lebenspartner die ganze Erbschaft. Das heißt: Abkömmlinge von Großeltern sowie Verwandte der vierten Ordnung erben neben einem Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner nicht.
Beispiel 3
Der Erblasser hinterlässt eine Ehefrau und eine Tante.
Erbfolge: Die Ehefrau erbt allein.
Um die konkrete Höhe gesetzliche Erbteil des Ehepartners/Lebenspartners abschließend bestimmen zu können, muss dann noch geprüft werden, in welchem Güterstand die Eheleute/Lebenspartner beim Tode des Ehepartners/Lebenspartners gelebt haben.
Auswirkung des Güterstandes auf die Erbquote